Donnerstag, 10. Juni 2010

Überflüssige Mahlzeiten

Mit dem Grad an bürgerlichem Sein steigt proportional die Einladungsdichte zu überflüssigen Mahlzeiten. Brunch zum Beispiel. Diese Restpostenmahlzeit, die sich irgendwie aus den 90er Jahren herüber gerettet hat und deren Name klingt wie Essen im Rückwärtsgang, kann ich nicht leiden. Dieses inkonsequente Essen, dass sich einfach nicht entscheiden konnte. Weder für eine Uhrzeit, noch für eine Art der Gerichte. Am schlimmsten war diese Frechheit von einer Mahlzeit zu den Zeiten vor dem Rauchverbot. Schon wenn man den Laden betrat, schlug einem eine Dunstwolke aus, Kaffe, Eiern, Wurst, Eintopf, Fisch, Schokolade und kaltem Rauch entgegen. Luft anhalten nutzte nichts, denn Brunch war darauf ausgelegt mindestens 3 Stunden zu dauern und mich in den Wahnsinn zu treiben. Spätestens nach 2 Brötchen und 15 Minuten war ich satt und beobachtete latent angewidert wie sich der durchschnittliche Brunchbesucher, ungeachtet seines Sättigungsgefühls, durch alle Stationen des Buffets wiederkäute. Und weil ich ja nie freiwillig dort war, sondern immer als Gast irgendeines Geburtstages gab es zur Abrundung dieser kulinarischen Katastrophe Sekt. Uah, allein bei dieser Retrospektive bekomme ich schon wieder Beklemmungen.

Dieses Beklemmungsgefühl kann ich mit einer anderen überflüssigen Mahlzeit wie auf Knopfdruck erzeugen: Kaffee und Kuchen!
Konditioniert in Kindertagen, an denen Sonntage einfach nur schrecklich langweilig waren, von klassischer Musik in 95 db beschallt, gab es nichts zu tun, außer spazieren zu gehen und anschließend mit den Eltern „schön gemütlich“ Kaffee zu trinken und Kuchen zu essen. Seit dem hab ich was dagegen gemütlich zu sein. Ich kann sehr gut gemütlich Bier trinken, oder DVD schauen, oder in der Wanne liegen. Aber ich kann nicht, unter gar keinen Umständen gemütlich Kaffee trinken und ein „Stückchen Kuchen„ essen. Kaffee trinken zu gehen ist für mich die Mahlzeit-gewordene Spießigkeit schlecht hin. Kaffee und Kuchen sind die Türkränze, die Bistrogardinen, die Klobrillenüberzieher, die Geranien unter den Mahlzeiten.

Aber auch Mahlzeiten , denen ich ihre Berechtigung eigentlich nie absprechen würde, können sich urplötzlich überflüssig anfühlen. Wenn ich nämlich zum Beispiel im Urlaub mit 350 Rentnern am Buffet anstehe, deren Kriegsgen gerade durchbricht und die sich die Teller vollschaufeln, als würden sie damit im Anschluss in den Luftschutzbunker und nicht an ihren Tisch wackeln. Die Diabetes freuts, mich nicht. Bei solchen Zuständen bekomme ich selbige und beschließe, dass auch ein Abendessen überbewertet sein kann und verlasse die Hallen bevor man im Anschluss noch „gemütlich“ Kaffee und Kuchen zum Nachtisch bestellt!

Also nicht, dass hier der Eindruck entsteht ich äße nicht gern. Im Gegenteil. Ich esse gerne, aber eben nicht um jeden Preis…


Guten Appetit.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Du magst nur keinen Kaffee, weil deiner nur ein e hat. Probier mal den mit Doppel-EE, der schmeckt ganz anders.

Ausserdem, wo machst du denn bitteschön Urlaub? Im Altenheim?

dorisa hat gesagt…

Kaffee und Kuchen ist Häkeldeckchen und 'draußen nur Kännchen', ist Kellner in Smoking und Kuchen mit Nummern. Kaffee und Kuchen ist in ca. 35 Jahren. Gut gerechnet..

Und Brunch? Schon der gleichnamige Brotaufstrich ist schrecklich. Genauso schrecklich wie Sekt. Von daher..

Anonym hat gesagt…

Hallo.
Ich mochte mit Ihrer Website ironiebefreit.blogspot.com Links tauschen