Donnerstag, 25. September 2008

Kommst du morgen nochmal...

Meine Haare sahen fast so aus wie auf dem Foto..."Ach, geh doch zur "Super Härkompänie 10", die sind total günstig, aber echt gut und gleich neben dem Büro!" Gut, dachte ich, ist ja auch irgendwie eingebildet nur mir oder dem Schickmicki-ein-halber-Monatslohn-Friseur zu trauen. Die anderen haben das ja auch gelernt und es kann sich ja auch nicht jeder selbstständig machen und die Frisur sieht ja schon ohne Schnitt fast so aus wie auf dem Foto und überhaupt: wenn meine Kollegen das so machen wird es für mich wohl auch gut genug sein.

Der Laden hat 20 Schnittplätze, 3 Gäste. 20 Deckenlampen und 5 funktionieren auch. Geht doch. Dafür hängen alle unterschiedlich schief. Die eine die gerade hängt sieht auch schief aus, weil sie alleine gerade hängen muß. Die drei Friseurinnen sind beschäftigt. Die eine versucht zu faxen, die zweite glättet ner Frau die Haare und die dritte ist ein Er und tuckt um einen hübschen Mann rum, dem er akribisch in der halben Stunde die ich warten muß den Bart stutzt. Die Frisiertische sind vermackt, die Zeitschriften kleben und ich frage mich was das für Flecken auf der Hose der Friseuse sind...ist das Gel? Ne, zu weiß, aber der Fleck daneben der ist mehr so transparent, der könnte Gel sein...

Ich möchte wieder gehen, aber ich will nicht spießig sein und warte bis ich dran bin.

"Hallo, ich hätte die Haare gerne so wie auf dem Foto hier."
"Is´ja fast schon so."
"Ja, muß halt ein bißchen mehr Schnitt rein und es ist insgesamt einen Tacken zu lang."

Sie schneidet mit der Schere in den Haaren und mit dem Blick über die Schulter, weil die Kollegin das Fax immer noch nicht verstanden hat.
"Mußt du warten, bis es lange piept, dann is es dursch. Wenns nur so kurz piept dann isses nischt dursch."
"Es piept nisch."
"Mußt du mal die Taste drücken, bis es piept...."

Ich schaue die Haare an, die die Frau auf dem Foto an den Kopfseiten hat und die die Friseuse abschneidet, während sie kompetent das Fax erklärt. Gut, alles wird gut, die weiß schon was sie da macht, die hat das ja gelernt...vielleicht.

Als sie fertig ist sprichts: "Machst du Styling selbst, ne? Kannst du dann besser sehen."
Ich:"Ne, eigentlich hätte ich lieber dass du das machst."
Sie nimmt unmotiviert nen Knubbel Gel streicht mir alle Haare zu Berge. Ich sehe aus wie ein Pinsel und Null wie auf dem Bild. Die verwegen verwuschelte Schöne kann man nun wirklich nicht mit dieser Militärfrisur vergleichen, die ich nun mein eigen nenne.
"Sieht jetzt aus wie auf Foto?", wills wissen.
"Ne, eigentlich gar nicht. Ich meine auf dem Foto ist das ja strubbelig und in verschiedenen Richtungen gestylt." gebe ich zu bedenken.
Sie:"Weiß ich auch nicht, kommst du morgen wieder..."

Ich zahle und gehe. Im Büro schaue ich mir das ganze Ausmaß an.

Ich formuliere es mal in nett:
Diese frische Kurzhaarfrisur besticht durch ihre facettenreichen Schnitt. Die geradlinige Bürste oben auf, kontrastiert charmant mit den unterschiedlich langen Koteletten und den verspielt variabel gestuzten Seiten...

Ich fahre gleich heim, da schneide ich eine Form in die Frisur, dann zahle ich mir 60 Euro für meine Dienste und dann gehe ich von dem Geld demnächst schön zum Nobelfriseur...

Donnerstag, 11. September 2008

Kann ich noch was gratis für Sie tun???

Die schlimmsten Schnorrer der Welt sind nicht etwa die knallharten Geschäftsleute in der Wirtschaft, nein, die holen das Beste für sich heraus, aber sie wissen um den Wert von Arbeit.

Die ignorantesten und gierigsten Schmarotzer sind die Sozialheipopeis in ihren schwammmuster-getupften, comic-sans-beschrifteten und selbstplakatierten Praxen. Alles was sie nach außen geben ist selbstgemacht. Folder in Times New Roman auf dem heimischen Kopierer kopiert und in der Teamsitzung zwischen ayurvedischen Kekskrümeln gefalzt. Logos in Paint am Praxen-Pc mit der Maus gezeichnet und in Formaten gespeichert die es garnicht gibt. Aber nur so lange bis sie eine Chance sehen sich kostenlos optisch sanieren zu lassen. Ach, deine Schwester ist Designerin? Kann die uns vielleicht mal kurz...so auch heute, eine Anekdote aus meinem Berufsalltag:

Schwester, ihres Zeichens Psychologin in einer Beratungsstelle ruft an und bittet mich um Hilfe. Ihr Praktikant versuche gerade einen Folder in ein Din A 1 Plakat umzubauen....aber er käme mit dem word.doc nicht zurecht.
Ich:"In Word geht das auch nicht, so kann euch das keiner drucken, schick mir das mal, ich mach euch schnell was neues."
Die Schwester schickt mir ein unsägliches word.doc...in Times, mit Pixellogos, nein das Logo habe sie nicht nochmal seperat.

Was soll ich sagen, für die Schwester macht man es ja gern, sieht ja auch hübsch aus, wenn sie da was anständiges an der Wand hängen hat...also klöppel ich ihr ein Plakat, dass sich gewaschen hat. Mit adäqutem Fotohintergrund, ausgewogenem Satz, spielerischer Leichtigkeit in der Komposition und zugleich sympatisch und seriös... 3 Stunden hat mich das Plakat gekostet, aber hey, was solls, sie freut sich, ich freu mich, alles ist gut.

Bis ihr Chef anruft.

Vielen Dank, das sei ja so nett, er habe da nur noch ein paar Änderungswünsche. Ob man nicht die Kopfzeile dreimal so groß, alle Textblöcke in der Mitte fett, die Schrift im Absender viel mächtiger, die Absenderzeile tiefer und ob man nicht die Arial nehmen könne...schließlich sei das die Verbandsschrift.
Ich: "Ja, weil die umsonst und vorinstalliert ist!"
Er:" Oder weil es den Verband schon seit 100 Jahren gibt."
Ich: "??? Oder weil sie umsonst ist." Er:"Vielleicht."
Und dann er:"Kann man den Drachen den der Junge auf dem Bild steigen lässt, vielleicht von rechts oben nach links oben in den Himmel setzen und die Schnur so lustig rumwirbeln lassen?" Ich:"Nein! Kann man nicht. Das heißt kann man schon, aber das dauert dann noch eine Stunde an Bildretusche und da ich das aus lauter Nettigkeit völlig kostenlos für Sie mache, kann man das nicht!"

Ich sag mal so: Wäre das nicht der Chef meiner Schwester gewesen und eine Unhöflichkeit meinerseits eventuell auf sie zurück gefallen, ich hätte, mich mal in aller Form bei ihm erkundigt, ob er eigentlich noch alle Tassen im Schrank, seine Mutter ihn mit dem Klammerbeutel gepudert, sein Vater ihn zu heiß gebadet und seine Frau ihn lange nicht mehr ran gelassen hat!!! aber ich blieb ruhig...1-2-3-ausatmen...Im Laufe des Gesprächs erfuhr ich dann noch, dass das Plakat mit nichten für die schwesterliche Bürowand, sondern für einen Messestand gedacht sei und ich die Datei doch bitte aufheben möge ...Zitat:"Falls noch einer der Kollegen eine Idee dazu hat."

Wie wäre es mal mit einer Psychotherapie für umme? Wie kommt ihr eigentlich darauf, dass die Arbeit anderer Berufsgruppen so simpel ist, dass man das auch mal eben selbst kann...in Paint oder so...oder das sie so wertlos ist, dass man sie ohne mit der Wimper zu zucken umsonst haben will??? Das ist asozial ihr Sozialfuzzis...

Aufgelegt und sms an die Schwester geschrieben:"Ab jetzt 50 € die Stunde."
Hab ich Fritten auf dem Kopf,oder was?

Nachtrag: Schwester mailte:"Chef ist beeindruckt, findet dich super-lieb, will uns ne Flasche Portwein schenken."

UNS? Was hat meine Schwester denn gemacht? Und überhaupt, Portwein, das ist das Zeug was man ab ner Bestellung von 20 Euro beim Pizzadienst mitgebracht bekommt, nicht mag und 2 Jahre später an Weihnachten an die unbeliebte Großtante verschenkt...oder an UNS...